Pater Franz Bänsch
Gedenken an dessen 60.Todestages
Auf unserem Gemeindegebiet gibt es eine kleine Straße mit dem Namen „Franz-Bänsch-Straße“. Ebenfalls trägt der ehemalige Pfarreikindergarten von St. Paulus und heutige Caritaskindergarten den Namen „Pater Bänsch“.
Wer war dieser Pater?
„Wie trostreich waren mir ihre Besuche in der Zelle“. So erinnerte sich ein Häftling aus Dresden nach der NS-Zeit an Pater Franz Bänsch. Die zehn Jahre, in denen er als Seelsorger im Gefängnis am Münchner Platz in der sächsischen Hauptstadt fungierte, waren geprägt vom Terror des Nazi-Regimes und den Gräueln des Krieges. Franz Bänsch, der zum katholischen Orden der Oblaten der Makellosen Jungfrau Maria (OMI) gehörte, war seit 1935 Pfarrer in Dresden-Plauen und in dieser Funktion auch Gefängnisseelsorger.
Besonders dramatisch war dieser Dienst, da Dresden eine der zentralen Hinrichtungsstätten des damaligen Deutschen Reiches war. Zudem waren dort nicht nur Deutsche, sondern auch zahlreiche Polen und Tschechen interniert. Franz Bänsch hatte in den 20er Jahren polnisch gelernt, das kam ihm nun zugute. Mehr als 1000 Menschen begleitete Franz Bänsch bis zur Hinrichtung, u. a. auch die 6 Seligen Märtyrer vom Münchner Platz, deren Namen heute unsere Pfarrei trägt. Seine Berichte legen ein erschütterndes Zeugnis ab:
„Dann trat der erste vor den Geistlichen, […] empfing den letzten Segen und die Generalabsolution, und mit einem letzten mutigen Gruß trat er seinen letzten Gang an. In der Zwischenzeit, bis der Nächste an die Reihe kam, beteten die Kameraden zusammen das ,Vater unser' für den, den man gerade zum Tode geführt hatte.“
Und ein Franziskaner berichtet über die Hinrichtung einer Gruppe tschechischer Gefangener:
„Der Chor der Sänger wurde immer kleiner. […] Der letzte stand wortlos im Raum […]. Als er geholt wurde, stelle sich P. Bänsch ermutigend vor ihn […]. Dann drängte er sich zwischen den Henkersknecht und den achtzehnjährigen Jungen, fasste ihn, der vor Ermüdung und nervlicher Anspannung kaum noch stehen konnte, unter den Arm und summte ihm beim Gang zum Schafott die Melodie des tschechischen Heimatliedes ins Ohr.“
Die Sorge um die Gefangenen drückte sich dabei auch in Kleinigkeiten aus, die Franz Bänsch in die Zellen hineinbrachte. Ein ehemaliger Häftling schrieb: „Wieviel Erleichterung und Trost brachten mir die Zeilen, die Sie mir von meiner in die Zelle hineinschmuggelten. Nicht vergessen will ich auch das Essen, das Sie mir zukommen ließen“. Auch die Angehörigen der Hingerichteten vergaß Franz Bänsch nicht. Er ließ ihnen die letzten Briefe der Hingerichteten zukommen, informierte sie teilweise überhaupt erst über den Tod des geliebten Menschen und setzte sich etwa für die Umbettung der Tschechen in ihre Heimat ein.
Das Ende des Krieges brachte große Zerstörung nach Dresden. Auch das Kloster der Oblaten und seine Pfarrkirche wurden beschädigt. Die sowjetische Administration und die DDR-Regierung verweigerten Franz Bänsch den Zugang zum Gefängnis am Münchner Platz. Doch damit endete nicht sein Engagement für das Gedenken der Opfer des NS-Regimes.
Als Seelsorger hatte er erfahren, wie sehr sich die Gefangenen eine versöhnte und friedvolle Welt wünschten. Das blieb Franz Bänsch zeitlebens ein Auftrag. Dazu gehörte es für ihn auch, den Opfern vom Münchner Platz einen würdigen Erinnerungsort zu schaffen.
Das vom SED-Staat aufgerichtete Denkmal lehnte er ab, da ihm der geistliche Bezug fehlte.
1955 wurde in der Nähe von Dresden (Kleinnaundorf) auf Betreiben von Franz Bänsch die Maria-Hilf-Kapelle eingeweiht. Die später kaum genutzte und baufällige Kapelle wurde 1992 abgerissen. Heute steht dort ein Autohaus.
Die Sorge um Menschen in Not entsprach dem Auftrag, den der Orden der Oblaten von seinem Gründer erhalten hatte. Eugen von Mazenod hatte die Gemeinschaft Anfang des 19. Jahrhunderts in Südfrankreich gegründet. Sie hat es sich zur Aufgabe gemacht, für jene Menschen da zu sein, die besonders Hilfe brauchen: Den Armen und den Menschen, die am Rand der Gesellschaft stehen.
Sein Weg zum Ordensgeistlichen war dabei Franz Bänsch keinesfalls in die Wiege gelegt. Er stammte aus Großenhain nahe Dresden. Katholiken gab es damals in Sachsen kaum. Das nächste Kloster der Oblaten lag hunderte Kilometer weit entfernt. Die Eltern erzogen Franz religiös und davon sollte auch seine Schulbildung geprägt sein. Die einzige Möglichkeit damals in der Region war hierfür das Kapellknabeninstitut in Dresden. Dort wurden die Sänger für die katholische Hofkirche unterrichtet. Doch für das Abitur war eine weiterführende Schule notwendig. Der Seelsorger der Kapellknaben empfahl dafür die Ordensschule der Oblaten. Damit begann die erste große Reise von Franz: Das Internat in Valkenburg lag an der deutsch-niederländischen Grenze. In dieser Zeit wuchs auch die Berufung des Jungen zum Ordensmann. Davon konnte ihn auch die Erfahrung des Ersten Weltkrieges nicht abbringen, in dessen letzten Monaten er als Soldat diente. 1919 trat er in die Gemeinschaft ein. 1925 wurde er zum Priester geweiht. Mehrere Jahre war er vom schlesischen Breslau aus aktiv: Er hielt in zahlreichen Gemeinden Veranstaltungen ab, um die Menschen im christlichen Glauben zu unterrichten. Die Jahre der Weimarer Republik waren für die Oblaten eine Zeit des Wachstums.
Mit der Machtergreifung wurde es auch für den Orden schwieriger. Für Franz Bänsch endete sein Wanderleben. 1935 wurde er Pfarrer in Dresden-Plauen. Dem Wiederaufbau seiner Pfarrei und der Integration der katholischen Flüchtlinge in seine Gemeinde. Seit 1957 war er wieder viel unterwegs: Er reiste als Diözesanmännerseelsorger durch das damalige Bistum Meißen: Er sprach auf Einkehrtagen, hielt Vorträge und organisierte Konferenzen.
Sein rastloses Leben endete 1961, als er mit Anfang 60 von einem schweren Herzinfarkt aus dem Leben gerissen wurde.
Das Bistum Dresden-Meißen und sein Orden erinnern bereits seit dem 8. April mit einer Ausstellung in der Kathedrale an ihn. Diese wird im Dezember 2021 im Gemeindezentrum von St. Petrus zu sehen sein. Im Januar 2022 wird sie in der Gemeinde Cotta und im Februar 2022 in der Gemeinde Löbtau zu sehen sein.