Ein Friedensgebet
ist ein Gottesdienst
Liebe Christinnen und Christen,
anlässlich des 85. Jahrestages des Beginns des zweiten Weltkrieges rufen die Christlichen Kirchen zum ökumenischen Friedensgebet auf. Auch die anhaltenden Kriege und das damit verbundene Leid so vieler Menschen im Nahen Osten und der Ukraine rufen danach täglich um Frieden zu beten.
Dem Frieden im Großen geht der Frieden im Kleinen voraus. Beten wir deshalb, gerade mit Blick auf die Ergebnisse der Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen, um Offenheit, Kraft und Stärke, unterschiedliche Meinungen nicht als Angriff sondern als Startpunkt für einen konstruktiven Austausch zu sehen. Frieden schaffen und bewahren erfordert ein „Gemeinsam“ und „Ausgleich“ unterschiedlicher Positionen, kein einseitiges Rechthaben- oder Nichtverstehenwollen des Gegenüber.
Der folgende Text ist ein Auszug aus der Liturgie, die in Zusammenarbeit des Bistums Dresden Meissen, der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens und der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen im Freistaat Sachsen entstanden ist.
Auslegung zu Mt 5,1-12
Der Krieg, der am 1. September 1939 mit dem Einmarsch der Deutschen Wehrmacht in Polen begann, sollte fast sechs Jahre dauern. Millionen von Menschen wurden getötet. Weitere Millionen wurden aus ihrer Heimat vertrieben. Andere verloren ihr Hab und Gut durch Bomben. Die Aufzählung der Kriegsfolgen ist nicht vollständig. Bis heute wirkt dieser Krieg in so vielen Familien- und Lebensgeschichten fort.
Es dauerte, bis nach dem Ende der Kämpfe die zarte Pflanze der Versöhnung wachsen konnte: zwischen Frankreich und Deutschland, zwischen Polen und Deutschland, zwischen Israel und Deutschland, ja zwischen so vielen anderen Völkern. Europa ist ein großes Friedensprojekt. Viele haben das ihnen Mögliche zur Versöhnung beigetragen. Grenzen, um die blutige Kriege geführt wurden, haben darin an Bedeutung verloren.
Das gilt nicht überall. Die Wunden, die ein Krieg in wenigen Jahren zufügt, die brauchen Jahrzehnte um zu verheilen. Manche Narbe bleibt weiter sichtbar oder bricht wieder auf. Auch heute, 79 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges, ist wieder Krieg. Verbündete von einst kämpfen gegeneinander. Russland hat die Ukraine überfallen. Hier und an vielen anderen Orten nehmen Tragödien und Katastrophen ihren Lauf.
Wieder werden Unschuldige zu Opfern. Das Land, in dem Jesus seine Friedensbotschaft verkündete und lebte, ist im Kriegszustand.
Es ist alles noch viel komplizierter, als es diese Worte sagen können.
Und wir beten um Frieden.
Wir haben nicht die Illusion, dass wir Lösungen für alle Konflikte anbieten könnten. Ein Friedensgebet ist ein Gottesdienst. Er dient nicht der Belehrung, wie die Völker oder die Mächtigen sich richtig zu verhalten haben. Er dient erst recht nicht der Belehrung Gottes, was er zu tun und zu lassen hat. Wir haben die Hoffnung und wir haben die Erfahrung, dass Friedensgebete nicht folgenlos sein müssen. Die Friedliche Revolution 1989 ging an vielen Orten von Friedensgebeten aus. Das ist ein Zeichen der Hoffnung. In hoffnungsarmen Zeiten kann Gott uns Menschen einen neuen Anfang ermöglichen.
„Selig, die Frieden stiften; denn sie werden Kinder Gottes genannt werden.“
Es ist die Verheißung, dass Gott friedensstiftenden Menschen neues Leben mit der großen Würde eines Kindes Gottes schenken will. Manchmal erfahren die Friedensstiftenden schon im eigenen Leben die Frucht ihres Einsatzes. Gott kann auch heute Frieden schaffen, wo alles nach Unglück und Untergang aussieht. Was einmal geschah, kann wieder geschehen. Und dann verändert das Gebet auch uns Betende. Wer in lauterer Absicht um Frieden betet, wird sich im eigenen Umfeld für ein friedvolles Zusammenleben einsetzen. Um Frieden Betende werden sich dem Hass im eigenen Lebensumfeld widersetzen. Selig sind die Friedensstiftenden. Und selig ist die Gemeinschaft und Gesellschaft, die solche Menschen in ihrer Mitte hat.
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Beitrag des OKR St. Paulus